Montag, 8. September 2014

Ein neues Pferd im Stall!

"Hallo! Ich bin der Nikolaus ... und ich mache gerne Messer!" - "Hallo, Nikolaus"
- Protokoll der Anonymen Messermacher, 8.9.2014



Ja, ich gebs zu .. ich mag Messer .. und da auch ich mich nicht der freudianischen Deutung gewisser Dinge nicht entziehen kann: Es dürfen gerne große, dicke Messer sein! Aber ich mag auch kleine Messer. Ich finde wirklich es kommt nicht auf die Größe an, sondern auf die Technik. Plättchentechnik bei mir in den meisten Fällen, aber es geht auch anders.

Vor ein paar Monaten hab ich mich entschlossen mal wieder etwas für eine militärische Darstellung zu machen. Und auch wenn die Beckenhaube noch nicht gepolstert und gefüttert ist, das Kettenhemd zwar bezahlt aber nicht geliefert und die Stangenwaffe noch in Planung .. ein Messer geht immer!

Aber was für eins? Hmm .. wo schaut man nach wenn man ein möglichst brutales Messer braucht das nicht zu abgehoben in der Technik ist und gleich ausschaut als würde es Freund Erbbürger nur hinterm Täschchen vor sich her tragen. Richtig! Man geht zu den Schweizern!

Im Katalog "Waffen des Schweizerischen Landesmuseum - Griffwaffen" gibt es ein herrliches Sammelsurium an Messern, von feinen Basilards über Dolchmesser in Plättchentechnik bis zu den wirklich gemeinen Mordinstrumenten.

Und sowas sollte es werden, ein knechtisches Messer, ein Ding zum "Okrageln" ("abmurksen" für unsere deutschen Leser).
 
Da ich noch eine Klinge hatte die ursprünglich vielleicht ein historisches Küchenmesser werden sollte, die aber ständig in diesem gespenstischem Gruselton flüsternd: "Mach mich, mach ich, ich will gemein sein" in mein Ohr raunzte (vielleicht war es auch "Nimm mich, nimm mich, ich will ein böses Mädchen werden!", das kann ich nicht so sicher sagen, ich hör ja schon schlecht und das mit dem alten Sigmund hätten wir oben schon erledigt) packte ich sie endlich meine fisteren Gelüste nachgebend und schleppte sie in die Werkstatt. Wie praktisch, dass gerade ein Paket mit 2 Buchsbaumscheiten angekommen war.

Hier ist es also:


Die Klingenform sowie das Heft sind an den frühen Dolchmessern der Ostschweiz orientiert, wobei die Klinge in der Form ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts durchgehend ins 14. hinein verfolgbar ist. Das Heft, in diesem Fall wie schon gesagt aus Buchsbaum und mit 2 wirklich massiven Griffplatten an beiden Enden ist eher um 1300 vorzufinden, aber etwas näher an meiner Kernzeit gelegene Heftformen hatten zum Großteil symmetrische, hohlkehlige Dolchklingen und passten so gar nicht zur Klinge die vorlag.


Zwischen der Klinge und der vorderen Griffplatte und dann zwischen Platten und hölzernem Heft liegen Lederschichten um die Ungenauigkeiten auszugleichen die zwischen der Bearbeitung der Klinge, des Holzhefts und der Griffplatten unweigerlich auftreten.

Und weil es zwar sicher sehr und ganz überhaupt fürchterlich grimmig aussehen würde wenn ich das gute Stück zwischen die Zähne geklemmt zur "Ausfahrt" des Wiener Aufgebots mitnehme, schien mir doch eine Scheide in gewissem Masse sinnvoll. Und ja, ich mag auch Scheiden .. aber nicht so gern wie Messer .. und nein, ich möchte mich jetzt nicht hinlegen und über meine Mutter reden!

Bei der Scheide gab es nun folgende Überlegung: Es soll was einfaches sein und dem generellen "Feeling" des Messer entsprechen. Leder also. Aber es kann ruhig ein bisserl was hermachen. Verziehen also. Und zufällig (na gut, ich wusste es schon vorher schließlich kenn ich das Buch fast auswändig, zumindestens die Bilder) gab es ein leider undatiertes aber sehr schönes Exemplar in den Themsefunden (Cowgill, De Neergard "Knives and Scabbards") das mich schon lange mal reizte:


Besonders schön an dem speziellen Scheidenfund find ich die Tatsache, dass der vordere Teil des Hefts trotz seiner Dimension in die Scheidenform integriert wurde. Eine Herausforderung!

Nass direkt auf dem Messer geformt und mit etwas Fummelei auch gleich direkt drauf genäht gelang mir das Wunder dann aber relativ leicht. Stolz bin ich natürlich trotzdem!


Dann hab ich das gute Stück noch mit den vorgefundenen Verzierungen versehen (und dabei festgestellt dass mit dem Stylus für mein Wachstäfelchen hervorragend geht), das ganze mit Fett und Russ abgerieben um die Verzierungen deutlich hervor treten zu lassen und hinten ein Leinenbändel als Aufhängung angebracht. Voila!


Und wie immer zum Abschluss .. Impressionen:



Abstract for our english speaking friends:
I recently made a replica of a dagger knife, originating in eastern switzerland and dated around 1300. The handel is made from boxwood and it has two real massive steel plates on both ends. The scabbard is made after an original found in London, unfortunatly undated, and of catlle hide decorated with a stylus.