Dienstag, 17. November 2015

Ich gehör‘ zum alten Eisen

Echt jetzt! Jedesmal wenn ich seh wie meine 13-Jährige eine Kletterwand raufhüpft zwickt mich die Leiste, knarzt das Kreuz und kracht das Knie. Und wenn sie dann die schlafende 7-Jährige rauf trägt in deren Bett dann schnauf ich seufzend (Kann man seufzend schnaufen?) hinterher.
Aber eigentlich soll es hier ja gar nicht um mein armseliges Jammern gehen sondern um altes Eisen! Denn das war ein Thema bei meinem letzten Versuch noch näher an DAS historische Messer schlechthin heranzukommen.


Wenn man sich metallurgische Analysen von Messer- und Scherenklingen des 14.Jahrhunderts mal genauer ansieht, stellt man schnell fest wie selten wirklich guter Stahl selbst im Spätmittelalter noch gewesen sein muss. Diese Tatsache und die gewünschten Eigenschaften die ein gutes Messer mit sich bringen sollte (einerseits gut zu schärfen, die Schärfe lange halten und weich genug um nicht zu brechen) führten neben der im Gebrauchsmesserbereich eher seltenen Verwendung von wärmebehandelten Monostählen zum Einsatz zweier verschiedenen Metallqualitäten. Die meisten Messer aus den Themsefunden in London sind dieser Gruppe zuzuordnen und auch Holtmann spricht in seinen Untersuchungen zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Messern von den Ergebnissen osteuropäischer Untersuchungen welche ein ähnliches Bild zeichnen.

Daher war mein Ziel einmal mit derartig konstruierten Klingen zu arbeiten wohl für jeden historischen Messerenthusiasten nachvollziehbar. Und tatsächlich fand ich in Jannis Scholz von Xerxes-Knives einen geeigneten Partner für die Herstellung von Messerklingen nach meinen Vorgaben.

Und weil ich wirklich so nah wie nur irgendwie möglich an eine historische Klingenqualität heran wollte bot Jannis an auch historische Metalle zu verwenden. Fand ich gut.
Unter seiner kundigen Hand entstand dann die Klinge dieses Messers in einer Herstellungstechnik bei dem die zukünftige Schneide aus kohlenstoffreichem, hartem und gut schärfbarem Stahl in praktisch reinem Eisen eingeschlagen und feuerverschweißt wird. Dadurch bleibt der „Messerkörper“ weich und bruchsicher und ist ebenso wie die Angel sehr angenehm zu bohren, zu feilen und zu nieten.

Hier ist der Übergang der zwei Stähle mit der Schweißlinie gut zu erkennen

Kurz gesagt, ein echter Spaß damit zu arbeiten. Und weil die Begeisterung mit mir durchging setzte ich gleich eine, an einem Messer der Londonfunde vorgefundene, Verzierungstechnik um. Dabei wird die Klinge knapp unter dem Rücken vollständig durchbohrt, mit Buntmetalleinsätzen versehen und diese dann durch Hammerschläge aufgetrieben so dass sie sich fest mit der Klinge verbinden. Nach dem Überfeilen werden die eingelegten Messingscheiben dann noch verziert. In meinem Fall mit einem Punktmuster.


Für das Heft griff ich auf die in meinem Blog schon bis zur Ermüdungsgrenze beschriebene Plättchentechnik zurück. Schulter- und Endplatte machte ich aus einem massiven Stück alten Eisens dass Jannis mir mitgeschickt hatte und die Zwischenplättchen aus einem Eisenblech dass noch in der Werkstatt herumlag. Für die eigentliche Griffgestaltung entschied ich mich für schwarzes Horn, weil ich bei meinem letzten Messer irgendwie auf den Geschmack gekommen war.


Die grundsätzliche Form des Hefts ist von den üblichen Messerabbildungen „meiner“ Zeit geprägt und nimmt die klingenseitig stark abgesetzten Messerformen der zweiten Hälfte des 14.Jahrhunderts vorweg (die allerdings in den Bildquellen auch in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts stark vertreten sind) während die Griffformmethodik mit der klassischen Plättchentechnik noch der in der ersten Hälfte des verankert ist.



Und somit bleibt mir neben der Freude über das neue Messer nur mehr die Rückkehr zu den Raunzphasen des Textbeginns ... Gott bin ich alt. Und .. aach ja ... ist es DAS Messer geworden? Hmm, keine Ahnung fragt mich nach dem Nächsten.